DE4413350A1 - Retard-Matrixpellets und Verfahren zu ihrer Herstellung - Google Patents
Retard-Matrixpellets und Verfahren zu ihrer HerstellungInfo
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Description
Die Erfindung betrifft eine feste, vorzugsweise pharmazeutische,
Retardform (Pellets) bei der der Wirkstoff in eine Mischung von
einem wasserunlöslichen Polymeren, einem Lipid sowie einem kol
loidal hochviskos wasserlöslichen, gelbildenden oder zumindest
wasserquellbaren Polymeren eingebettet ist. Die Herstellung er
folgt in einem einstufigen, kontinuierlichen Prozeß durch
Schmelzextrusion und Formgebung, vorzugsweise durch Heißabschlag.
Für die Schmelz-Extrusion und Retardierung geeignete Matrixsub
stanzen sind unter Druck und Temperatur plastifizierbare Polymere
und Lipide. Speiser et al. beschreiben in Pharm. Acta Helv. 46,
31 (1971) den Einsatz von magensaftlöslichen Epoxid-Aminharzen
sowie darmsaftlöslichen Copolymeren aus Vinylacetat/Crotonsäure
für spritzgegossene Arzneiformen (vgl. hierzu das zu US 3,432,592
Gesagte). Hüttenrauch und Schmeiss untersuchten die Freisetzung
von Modellwirkstoffen aus einer durch Kolbenextrusion hergestell
ten Polyethylen-Matrix (Pharmazie 30, 229, 536 (1975)).
Mank et al. beschreiben in Pharmazie 44, 773 (1989) und ibid. 45,
592 (1990) die Wirkstoff-Freisetzung aus unlöslichen Thermoplast-
Matrices. Diese Methoden erlauben keine frei einstellbare Retar
dierung, und der Wirkstoff wird insbesondere aus den Polyethylen-
Matrizes nicht vollständig freigesetzt. Hinzu kommen bei diesem
Verfahren die Nachteile des Spritzgusses wie lange Verweilzeit
bei hoher Temperatur und hohe Materialverluste durch die Angußka
näle, deren Inhalt keiner Wiederverwendung zugeführt werden darf.
Außerdem sind die Formkosten relativ zur Produktionsgeschwindig
keit außerordentlich hoch.
N.A. El Gindy et al. beschreiben in Acta Pharm. Technol. 33,
208-211 (1987) die Herstellung von Tabletten durch Schmelzen von
Mischungen von Wirkstoffen mit wasserlöslichen (Polyethylengyl
kole und Polyoxyethylen-polyoxypropylen-Blockcopolymeren) und un
löslichen Polymeren und anschließendem Pressen. Aufgrund der Po
lymerwahl sind diese Formen mehr oder weniger schnellfreisetzend.
Das Herstellverfahren ist diskontinuierlich.
N. Follonier et al. berichten in Capsule News 1 (1991), 2 und im
Abstract der 6th International Conference on Pharmaceutical
Technology, Paris, France, 2. bis 4. Juni 1992, über die Herstel
lung von Sustained-Release-Pellets durch Schmelzextrusion aus
einem Ein-Schnecken-Extruder. Das erstarrte Extrudat zerkleinerte
man in einem Messer-Pelletizer. Als Matrix setzte man wasser
unlösliche Polymere ein. Neben der Pelletgröße wurden verschie
dene Zusätze zur Steuerung der Wirkstoff-Freisetzung untersucht.
Die Polymerbasis war hauptsächlich ein Ethylen-Vinylacetat-Copo
lymer. Eine Freisetzung des Wirkstoffs aus diesen Formen nach
"Nullter-Ordnung-Kinetik" gelang jedoch nicht.
US 3,432,592 beschreibt den Spritzguß von wirkstoffhaltigen
Polymerschmelzen. Die dort verwendeten Polymere sollen in den
Verdauungssäften mindestens teilweise löslich sein. Als lösliches
Polymer wird überwiegend ein im Pharmabereich nicht übliches kom
plexes Kondensationsprodukt aus einem Aminodiol und einem Epoxid
beschrieben. Eine Retardierung wird erreicht durch die Mit
verwendung von in den Verdauungssäften schwer löslichen Thermo
plasten. Die dort angegebenen Polymerkombinationen sind nicht zur
Retardierung gut wasserlöslicher Wirkstoffe aus Pellets geeignet
aufgrund des ungünstigen Oberflächen/Volumen-Verhältnisses. Gene
rell läßt sich die Retardierung nach dieser Arbeitsweise schlecht
steuern, bei starker Retardierung verbleibt ein Teil des Wirk
stoffs ungelöst in den Pellets (Freisetzung des Wirkstoffs nach
√t-Gesetz; s. T. Higuchi, J. Pharm. Sci. 52, 1145-1149 (1963)).
Eine Freisetzung nach "Nullter-Ordnung-Kinetik" gelingt nicht
(vgl. Tabelle I).
Das Extrudieren von wirkstoffhaltigen Polymerschmelzen, vorzugs
weise von Vinylpyrrolidon-Copolymeren, ist aus EP-A 240 904 und
EP-A 240 906 bekannt. Die Einstellung eines bestimmten Wirkstoff-
Freisetzungsprofils über Polymermischungen ist dort nicht ausge
führt. Darüber hinaus hat sich gezeigt, daß die so hergestellten
Produkte in vielen Fällen wenig lagerbeständig sind, der Retard
effekt nimmt mit der Zeit ab.
EP-B 204 596 beschreibt die Herstellung von Pellets durch Einbet
tung eines Wirkstoffes in eine Matrix aus folgenden Komponenten:
Mindestens einem nichthydrophilen Polymer und entweder einer
Mischung von mindestens zwei Lipid-Stoffen, wovon der eine das
oder die Polymere lösende oder gelierende Eigenschaften und der
andere Schmiermitteleigenschaften besitzt, oder einem Lipid-
Stoff, der die beiden genannten Eigenschaften in sich vereinigt,
und gegebenenfalls einem oder mehreren Zusätzen, ausgewählt aus
Streckmitteln und antistatischen Mitteln. Gravierende Nachteile:
Bei höheren Mengen (ab ca. 20%) an "nicht hydrophilem Polymer"
erfolgt die Freisetzung für ein Retardpräparat zu rasch, bei ge
ringeren Mengen ändert sich die Freisetzung stark beim Lagern,
und sie ist unvollständig.
Der Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, Pellets, vorzugsweise für
pharmazeutische Zwecke, herzustellen, aus denen der Wirkstoff mit
einstellbarem Retardprofil, also beliebig verzögert - aber voll
ständig -, freigesetzt wird. Dieses Ziel sollte durch Matrixpel
lets realisiert werden, also ohne auf den Pelletkern aufgebrachte
retardierende Filmüberzüge.
Neben der Steuerung der Wirkstoff-Freisetzung durch die Zusammen
setzung der Matrix (Matrix-Retardpellets) sollte eine Technik zur
einfachen kostengünstigen Herstellung dieser Pellets entwickelt
werden. Dieses Verfahren sollte kontinuierlich und einstufig sein
ohne vorhergehende Mischung oder Vor-Granulation der Komponenten
und ohne abschließende Spheronisation oder ähnliche Ausformung/
Abrundung der Pellets nach dem Herstellungsprozeß.
Es wurde nun gefunden, daß es durch Schmelzextrusion bestimmter
wirkstoffhaltiger Polymermatrices und anschließende kontinuier
liche Formgebung in einfacher Weise gelingt, Retardpellets mit
hohen Wirkstoffgehalten, auch von sehr gut wasserlöslichen Wirk
stoffen, herzustellen, wobei sich allein durch die Zusammen
setzung der Polymermatrix ohne diffusionskontrollierende Polymer
überzüge über weite Bereiche einstellbare Freisetzungsprofile mit
hoher Lagerbeständigkeit erzielen lassen.
Das Grundprinzip der erfindungsgemäßen Polymermatrix ist eine
durch geeignete lipophile Substanzen plastifizierte Matrix aus
einem in Wasser und gastrointestinalen Flüssigkeiten unlöslichen
Polymeren. Im Gegensatz zu dem oben angeführten Stand der Technik
gelingt nun ein über weite Bereiche frei einstellbares Retardpro
fil, wenn zusätzlich in die Matrix aus unlöslichem Polymer und
liphophiler Komponente ein Gelbildner, also ein in Wasser hoch
viskos lösliches (Hydrokolloid) oder zumindest quellbares Polymer
eingebaut wird. Bei den oben im Stand der Technik genannten Ma
trices wird zwar die Freisetzung des Wirkstoffs über die Konzen
tration an unlöslichem Polymer kontrolliert, bei einer zu gerin
gen Menge an Polymer besteht aber die Gefahr, daß die Darrei
chungsform zerfällt, bei einer zu großen Menge an Polymer kann
jedoch die Wirkstoff-Freisetzung unvollständig werden, Anteile
des Wirkstoffs werden komplett eingeschlossen und sind nicht ver
fügbar. Durch den erfindungsgemäßen Zusatz an Gelbildner wird ein
"Aufbrechen" der Retardmatrix durch Quellung dieses Polymeren er
reicht, der Wirkstoff kann vollständig freigesetzt werden (vgl.
Tab. I).
Die erfindungsgemäße Polymermatrix für die Matrix-Retardpellets
ist eine neue Kombination aus inerter, liphophiler und hydrophi
ler Matrix, thermoplastisch verarbeitbar.
Erfindungsgegenstand ist daher eine feste pharmazeutische Retard
form (Matrixpellets), hergestellt in einem einstufigen Verfahren
durch Schmelzextrusion in einem Extruder, vorzugsweise einem
Zwei-Schnecken-Extruder oder einem Ein-Schnecken-Extruder mit
Mischabteil, bei 50 bis 200°C und kontinuierliche Formgebung (vor
zugsweise Heißabschlag) einer Mischung folgender Zusammensetzung:
- a) mindestens eine biologisch wirksame Verbindung ("Wirkstoff"; vorzugsweise human- oder veterinär-med., aber auch Vitamine sowie systemische Insektizide, Fungizide und Herbizide) in einer Menge von 0,1 bis 87, vorzugsweise 1 bis 75, ins besondere 45 bis 75 Gew.-%,
- b) mindestens ein in Wasser und gastrointestinalen Flüssigkeiten unlösliches natürliches, halbsynthetisches oder synthetisches Polymer in einer Menge von 5 bis 50, vorzugsweise 10 bis 40 Gew.-%,
- c) 5 bis 45, vorzugsweise 10 bis 35 Gew.-% mindestens einer wasserunlöslichen liphophilen Komponente mit Weichmacher eigenschaften bezüglich des Polymeren b) und Gleit- bzw. Schmiermitteleigenschaften,
- d) 3 bis 40, vorzugsweise 5 bis 25 Gew.-% mindestens eines in Wasser oder gastrointestinalen Flüssigkeiten kolloidal lösli chen, hochviskose Lösungen oder Gele bildenden oder minde stens quellbaren natürlichen oder halbsynthetischen hydrophi len Polymeren (hier kurz "Gelbildner" genannt), und
- e) 0 bis 50, vorzugsweise 0 bis 40 eines oder mehrerer der übli chen Formulierungshilfsstoffe.
Die Prozentangaben beziehen sich jeweils auf das Gesamtgewicht
der Pellets.
Feste pharmazeutische Retardformen im Sinne der Erfindung sind
z. B. Granulate, vorzugsweise Pellets, mit verzögerter Wirkstoff-
Freisetzung. Die erhaltenen Formlinge können auch anschließend zu
Pulver gemahlen und in dieser Form eingesetzt werden (z. B. in
Hartgelatine-Kapseln). Das nachträgliche Überziehen der Formlinge
mit geschmackabdeckenden Filmüberzügen, wie sie Stand der Technik
sind (z. B. mit Polyacrylaten, Celluloseestern wie Hydroxypropyl
methylcellulosephthalaten und Celluloseethern wie Ethylcellulose,
Hydroxypropylmethylcellulose oder Hydroxypropylcellulose), wird
nicht ausgeschlossen, ist aber in aller Regel nicht erforderlich.
Ein Verpressen der Pellets zu Tabletten ist in vielen Fällen mög
lich. Dieses Verpressen bietet sich u. a. in den Fällen an, wo die
Wirkstoffdosis hoch ist und somit unerwünscht große Arzneiformen
resultieren würden. Durch Steuerung der Tablettierbedingungen
(insbesondere Preßdruck) können u. U. einzelne Pellets zerfallen,
so daß die Wirkstofffreigabe nicht wesentlich von analogen Pellets
verschieden sein muß, die (lose) in Kapseln abgefüllt wurden. Die
Verpressung zu Tabletten führt zu einer Volumenreduktion der
Arzneiform, die in Einzelfällen vorteilhaft sein kann. Durch Zu
gabe osmotisch wirksamer Agenzien (z. B. anorganische Salze) kön
nen ferner Pellets erhalten werden, die als osmotisch aktive
Quellschicht eingesetzt werden können (vgl. WO 92/04011), um die
Wirkstoffabgabe z. B. aus Tabletten (nach Verpressen) oder Kapseln
über ein Osmoseprinzip zu bewirken.
Unter pharmazeutischen Wirkstoffen a) im Sinne der Erfindung sind
alle Stoffe mit einer pharmazeutischen Wirkung und möglichst ge
ringen Nebenwirkungen zu verstehen, sofern sie sich unter den
Verarbeitungsbedingungen nicht zersetzen. Die Wirkstoffmenge pro
Dosis-Einheit und die Konzentration können je nach Wirksamkeit
und gewünschter Freisetzungsgeschwindigkeit in weiten Grenzen
variieren. Die einzige Bedingung ist, daß sie zur Erzielung der
gewünschten Wirkung ausreichen. So kann die Wirkstoffkonzen
tration im Bereich von 0,1 bis 87, vorzugsweise 1 bis 80, ins
besondere 45 bis 75 Gew.-% liegen. Wirkstoffe im Sinne der Erfin
dung sind auch, wie erwähnt, andere biologisch wirksame
Verbindungen. Bevorzugt sind Betamethason, Thioctsäure, Sotalol,
Salbutamol, Norfenefrin, Silymarin, Dihydroergotamin, Buflomedil,
Etofibrat, Indometacin, Oxazepam, beta-Acetyldigoxim, Piroxicam,
Haloperidol, ISMN, Amitriptylin, Diclofenac, Nifedipin,
Verapamil, Pyritinol, Nitrendipin, Doxycyclin, Bromhexin, Methyl
prednisolon, Clonidin, Fenofibrat, Allopurinol, Pirenzepin, Levo
thyroxin, Tamoxifen, Metildigoxin, o-(beta-Hydroxyethyl)rutosid,
Propicillin, Aciclovir-mononitrat, Paracetamol, Naftidrofuryl,
Pentoxyfyllin, Propafenon, Acebutolol, L-Thyroxin, Tramadol, Bro
mocriptin, Loperamid, Ketotifen, Fenoterol, Ca-Dobelisat, Propra
nolol, Minocyclin, Nicergolin, Ambroxol, Metoprolol, beta-Sito
sterin, Enalaprilhydrogenmaleat, Benzafibrat, ISDN, Gallopamil,
Xantinolnicotinat, Digitoxin, Flunitrazepan, Bencyclan, Dexapant
henol, Pindolol, Lorazepam, Diltiazem, Piracetam, Phenoxymethyl
penicillin, Furosemid, Bromazepam, Flunarizin, Erythromycin,
Metoclopramid, Acemetacin, Ranitidin, Biperiden, Metamizol,
Doxepin, Dikalium-Chlorazepat, Tetrazepam, Estramustinphosphat,
Terbutalin, Captopril, Maprotilin, Prazosin, Atenolol,
Glibenclamid, Cefaclor, Etilefrin, Cimetidin, Theophyllin, Hydro
morphon, Ibuprofen, Primidon, Clobazam, Oxaceprol, Medroxyproge
steron, Flecainid, Mg-Pyridoxal-5-phosphatglutaminat, Hymechro
mon, Etofyllinclofibrat, Vincamin, Cinnarizin, Diazepam,
Ketoprofen, Flupentixol, Molsidomin, Glibornurid, Dimetinden,
Melperon, Soquinolol, Dihydrocodein, Clomethiazol, Clemastin,
Glisoxepid, Kallidinogenase, Oxyfedrin, Baclofen, Carboxymethyl
cystein, Thioridacin, Betahistin, L-Tryptophan, Myrtol, Broma
laine, Prenylamin, Salazosulfapyridin, Astemizol, Sulpirid,
Benzerazid, Dibenzepin, Acetylsalicylsäure, Miconazol, Nystatin,
Ketoconazol, Na-Picosulfat, Colestyramin, Gemfibrocil, Rifampi
cin, Fluorocortolon, Mexiletin, Amoxicillin, Terfenadrin, Mucopo
lysaccharidpolyschwefelsäureester, Triazolam, Mianserin, Tiapr
ofensäure, Ameziniummetilsulfat, Mefloquin, Probucol, Chinidin,
Carbamepin, Mg-L-aspartat, Penbutolol, Piretanid, Amitriptylin,
Cyproteron, Na-Valpropinat, Mebeverin, Bisacodyl, 5-Amino-
Salicylsäure, Dihydralazin, Magaldrat, Phenprocoumon, Amantadin,
Naproxen, Carteolol, Famotidin, Methyldopa, Auranofin, Estriol,
Nadolol, Levomepromazin, Doxorubicin, Medofenoxat, Azathioprin,
Flutamid, Norfloxacin, Fendilin, Prajmaliumbitartrat, Aescin.
Besonders bevorzugt werden feste Lösungen folgender Wirkstoffe:
Acetaminophen (= Paracetamol), Acetohexamid, Acetyldigoxim, Ace
tylsalicylsäure, Acromycin, Anipamil, Benzocain, beta-Carotin,
Chloramphenicol, Chlordiazepoxid, Chlormadinoacetat, Chlorthia
zid, Cinnarizin, Clonazepam, Codein, Dexamethason, Diazepam, Di
cumarol, Digitoxin, Digoxin, Dihydroergotamin, Drotaverin, Fluni
trazepam, Furosemid, Gramicidin, Griseofluvin, Hexobarbital, Hy
drochlorothiazid, Hydrocortison, Hydroflumethazid, Indimethazin,
Ketoprofen, Lonetil, Medazepam, Mefrusid, Methandrostenolon, Me
thylprednisolon, Methylsulfadiazin (= Sulfaperin), Nalidixin
säure, Nifedipin, Nitrazepam, Nitrofurantoin, Nystatin, Östra
diol, Papaverin, Phenacetin, Phenobarbital, Phenylbutazon, Pheny
toin, Prednison, Reserpin, Spironolacton, Streptomycin, Sulfadi
midin (= Sulfamethazin), Sulfamethizol, Sulfamethoxazol (= Sulfa
meter), Sulfaperin, Sulfathiazol, Sulfisoxazol, Testosteron, To
lazamid, Tolbutamid, Trimethoprim, Tyrothricin.
Der Begriff "feste Lösungen" ist dem Fachmann geläufig, siehe
dazu Chiou und Riegelman, J. Pharm. Sci. 60, 1281-1302 (1971). In
festen Lösungen von Wirkstoffen in Polymeren liegt der Wirkstoff
molekulardispers verteilt in der Matrix vor.
Das in Wasser und gastrointestinalen Flüssigkeiten unlösliche na
türliche, halbsynthetische oder synthetische Polymer b) kann z. B.
ein Celluloseether wie Ethylcellulose oder ein Celluloseester wie
Cellulose-diacetat, Cellulose-triacetat, Celluloseacetat-propio
nat und Celluloseacetat-butyrat sein. Darüber hinaus lassen sich
auch unlösliche Polysaccharide wie Chitin und Chitinderivate und
mikrokristalline Cellulose einsetzen. Beispiele geeigneter syn
thetischer Polymerer sind Poly(meth)acrylsäureester, Homo- und
Copolymere des Vinylacetats u.ä. Bevorzugt sind Ethylcellulosen.
Die wasserunlösliche liphophile Komponente c) mit weichmachenden
Eigenschaften bezüglich des Polymeren b) und Gleit- bzw. Schmier
mitteleigenschaften kann z. B. ein Fettalkohol wie Cetyl- oder
Stearylalkohol, eine Fettsäure wie Stearinsäure oder ein Wachs,
beispielsweise Esterwachs auf Basis von Montanwachs, sein.
Erfindungsgemäß verwendbar sind ferner z. B. polyoxethylierte
Fettalkohole, Fettsäuren und Pflanzenöle, hydrierte Pflanzenöle,
Mono-, Di- und Triglyceride sowie Lecithine. Darüber hinaus sind
Polyglycerinfettsäureester, gesättigte polyoxethylierte Glyce
ride, Polyethylenoxide, Polypropylenoxide bzw. deren Block
copolymere, Phthalsäureester, acetylierte Monoglyceride einsetz
bar. Bevorzugt sind Mono-, Di- oder Triglyceride oder deren Gemi
sche und Polyglycerinfettsäureester. Bevorzugt sind liphophile
Komponenten c) mit einem HLB (hydrophilic/lipophilic ba
lance)-Wert von 1 bis 9, insbesondere 2 bis 5.
Als Gelbildner d), also in Wasser hochviskose kolloidale Lösungen
oder Gele bildende oder in Wasser zumindest quellende Polymere,
kommen insbesondere wasserlösliche Cellulosederivate in Betracht
wie Alkyl-cellulosen, Hydroxyalkylcellulosen, Hydroxyalkyl-alkyl
cellulosen, z. B. Methylcellulose, Hydroxymethylcellulose,
Hydroxyethylcellulose, Hydroxypropylcellulose, Hydroxybutylcellu
lose, Hydroxyethylmethylcellulose, Hydroxypropylmethylcellulose;
ferner Carboxyalkylcellulosen, Carboxyalkyl-alkylcellulosen, Car
boxyalkylcelluloseester, z. B. Carboxymethylcellulose und ihre Al
kalisalze; sie können auch andere wasserlösliche Polysaccharide
sein, wie Alginsäuren und ihre Salze (Alginate), Carrageenane,
Guargummi, Xanthan-Gummi, Agar-Agar, Gummi arabicum und verwandte
Gummen, Pectine, Galactomannane, Traganth, ferner wasserlösliche
Chitin-Derivate wie Chitosan. Bevorzugt sind wasserlösliche Al
kylcellulosen, Hydroxyalkylcellulosen oder Hydroxyalkyl-alkylcel
lulosen, die als 2%ige Lösung in Wasser bei 20°C eine Viskosität
über 1000 cps, vorzugsweise von 3500 bis 120 000 cps, aufweisen.
Ganz besonders bevorzugt sind Hydroxypropylmethylcellulosen mit
einem Methylierungsgrad von 1.36 bis 1.81 und einem Hydroxypropy
lierungsgrad von 0.12 bis 0.23, sowie Hydroxypropylcellulosen.
Synergistische Viskositätsanstiege durch Mischungen der Polymer
komponenten, beispielsweise Hydroxypropylcellulosen mit anioni
schen Polymeren wie Carboxymethylcellulosen oder Natriumalginat,
sind besonders vorteilhaft.
"Wasserlöslich" heißt, daß sich in 100 Gramm Wasser von 20°C min
destens 0,5, vorzugsweise mindestens 2 Gramm des Polymeren kol
loidal lösen.
Als Polymerkomponente d) kommen auch in Wasser bzw. intestinalen
Flüssigkeiten unlösliche, aber hydrophile quellbare Polymere wie
vernetztes Polyvinylpyrrolidon oder vernetzte Stärken, Stärke
derivate wie Natrium-Stärkeglycolat, Croscarmellose-Natrium,
niedrig substituierte Hydroxylpropylcellulose und niedrig substi
tuierte vernetzte Natriumcarboxymethylcellulose in Frage.
Entscheidend für die Eignung eines Polymeren als Komponente d)
ist, daß es einerseits hydrophil ist, andererseits nicht zu
schnell im Verdauungstrakt in Lösung geht. Es soll einerseits das
Herausdiffundieren des Wirkstoffs aus dem Innern der Pellets er
möglichen, andererseits soll dies nur langsam geschehen. Deshalb
soll es mit Wasser ein Gel oder eine hochviskose Lösung bilden.
Die Wahl dieser Komponente und ihrer Menge hat entscheidenden
Einfluß auf den Retardierungseffekt. Es hat sich überraschend ge
zeigt, daß die o.g. natürlichen oder halbsynthetischen hydrophi
len, gelbildenden Polymeren - im Gegensatz zu vollsynthetischen
Polymeren wie PVP oder Vinylpyrrolidon-Vinylacetat-Copoly
mere - hohe Lagerstabilität (Konstanz des Retardeffektes beim La
gern) gewährleisten.
Die Komponente e) kann aus einem oder mehreren der für derartige
Zwecke üblichen Hilfsstoffe bestehen, wie Füllstoffe, Schmiermit
tel, Formentrennmittel, Weichmacher, Treibmittel, Stabilisatoren,
Farbstoffe, Streckmittel, Fließmittel sowie deren Mischungen.
Beispiele für Füllstoffe sind anorganische Füllstoffe wie die
Oxide von Magnesium, Aluminium, Silizium, Titan etc. sowie mikro
krist. Cellulose und Cellulosepulver, verschiedene Stärken und
deren Abbauprodukte (Maltodextrine), Lactose, Mannit, Calciumdi
phosphat in einer Konzentration von 0.02 bis 50, vorzugsweise von
0,20 bis 20 Gew.%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Pellets.
Beispiele für Schmiermittel sind Stearate von Aluminium und
Calcium sowie Talkum und Silicone in einer Konzentration von 0,1
bis 5, vorzugsweise von 0,1 bis 3 Gew.-%, bezogen auf das Gesamt
gewicht der Pellets.
Beispiele für Weichmacher beinhalten niedermolekulare
Poly-(alkylenoxide), wie Poly(ethylenglycole), Poly(propylengly
cole), Poly(ethylen-propylenglycole); organische Weichmacher mit
niederem Molekulargewicht wie Glycerin, Pentaerythrit, Glycerin-
Monoacetat, -Diacetat oder -Triacetat, Propylenglycol, Sorbit,
Natriumdiethylsulfonsuccinat, zugefügt in Konzentrationen von 0,5
bis 15, vorzugsweise von 0,5 bis 5 Gew.%, bezogen auf das Gesamt
gewicht der Pellets.
Beispiele für Farbstoffe sind bekannte Azofarbstoffe, organische
und anorganische Pigmente, oder Farbmittel natürlicher Herkunft.
Anorganische Pigmente sind bevorzugt, in Konzentrationen von
0,001 bis 10, vorzugsweise von 0,5 bis 3 Gew.-%, bezogen auf das
Gesamtgewicht der Pellets.
Unter Hilfsstoffen im Sinne der Erfindung sind auch Substanzen
zur Herstellung einer festen Lösung mit dem pharmazeutischen
Wirkstoff zu verstehen. Diese Hilfsstoffe sind beispielsweise
Zucker und Zuckeralkohole wie Mannit, Sorbit, Xylit, ferner Harn
stoff, Pentaerythrit und Pentaerythrit-tetraacetat, Polymere wie
Polyetylen- bzw. Polypropylenoxide und deren Blockcopolymere (Po
loxamere), Phosphatide wie Lecithin, Homo- und Copolymere des
Vinylpyrrolidons, Tenside wie Polyoxyethylen-40-stearat sowie Zi
tronen- und Bernsteinsäure, Gallensäuren, Sterine und andere wie
z. B. bei J.L. Ford, Pharm. Acta Helv. 61, 69-88 (1986) angegeben.
Als pharmazeutische Hilfsstoffe gelten auch Zusätze von Basen
oder Säure zur Steuerung der Löslichkeit eines Wirkstoffes (siehe
z. B. K. Thoma et al., Pharm. Ind. 51, 98-101 (1989)).
Das Mischen des Wirkstoffs oder der Wirkstoffe mit den polymeren
Bindemitteln und gegebenenfalls weiteren üblichen galenischen Zu
sätzen kann vor oder nach dem Schmelzen des polymeren Binde
mittels nach den in der Technik üblichen Verfahren erfolgen. Be
vorzugt wird das Mischen im Extruder, vorzugsweise einem Zwei
schneckenextruder oder einem Einschneckenextruder mit Mischab
teil.
Das polymere Bindemittelgemisch soll in der Gesamtmischung aller
Komponenten im Bereich von 50 bis 200, vorzugsweise 50 bis 180,
insbesondere 60 bis 150°C erweichen oder schmelzen, so daß die
Masse extrudierbar ist.
Die Schmelzen sind lösungsmittelfrei. Damit ist gemeint, daß kein
Wasser und kein organisches Lösungsmittel zugesetzt wird.
Die Formgebung erfolgt durch Schmelz-Extrusion bei 50 bis 200,
vorzugsweise 50 bis 180, insbesondere 60 bis 150°C und
anschließende kontinuierliche Verformung des noch plastischen
Stranges, z. B. durch Verformen zu Tabletten, beispielsweise gemäß
EP-A 240 906 durch Hindurchführen des Stranges zwischen zwei ge
genläufig angetriebenen Walzen mit einander gegenüberliegenden
Vertiefungen im Walzenmantel, deren Ausführung die Tablettenform
bestimmt. Auch Kaltabschlag kommt in Betracht.
Bevorzugt wird der sogenannte Heißabschlag. Dabei werden die
Stränge unmittelbar nach dem Austritt aus der Düsenanordnung am
Extruder durch beispielsweise rotierende Messer oder eine andere
geeignete Anordnung zerkleinert, zweckmäßig in Stücke, deren
Länge etwa gleich dem Strangdurchmesser ist. Diese abgeschlagenen
Schmelzeteilchen kühlen im Luft- oder Gasstrom so weit ab, daß
die Oberfläche vor einer Berührung mit anderen Teilchen oder
einer Gefäßwand bereits klebfrei ist, andererseits die Teilchen
aber noch so plastisch sind, daß sie durch Zusammenstöße, z. B.
mit der Wandung eines angeschlossenen Cyclons, eine shärische
Form annehmen. Man erhält so in einfacher Weise weitgehend ku
gel- oder linsenförmige Teilchen mit Durchmessern von 0,5 bis 4,
vorzugsweise 0,8 bis 2 mm. Die bevorzugten kleineren Teilchen
sind in erster Linie zum Füllen von Kapseln geeignet.
Die Erfindung gestattet in einfacher und umweltfreundlicher Weise
(ohne Lösungsmittel) die Herstellung von Retard-Matrixpellets,
die in weiten Grenzen hinsichtlich ihrer Wirkstofffreisetzung
steuerbar sind. Die verzögerte Wirkstofffreisetzung gelingt ohne
Aufbringung eines steuernden Filmüberzugs, der aus organischen
Lösungsmitteln oder wäßrigen Dispersionen appliziert werden müßte
und einen Trocknungsschritt verlangen würde. Die Wirkstofffrei
setzung erfolgt nach Erosions- und Diffusionskontrolle. Die Er
findung eröffnet die Möglichkeit, auch eine pH-unabhängige Wirk
stofffreisetzung zu erzielen. Die erfindungsgemäßen Formen sind
für Wirkstoffe mit sehr unterschiedlichen Lösungseigenschaften
geeignet. Der Retardeffekt kann auch bei kleinen Retardformen au
ßerordentlich stark eingestellt werden. Das Verfahren gestattet
die Herstellung fester Lösungen der Wirkstoffe im Matrixpolymeren
durch die Schmelztechnologie ohne Verwendung organischer Lösungs
mittel. Feste Lösungen zeichnen sich durch verbesserte Bioverfüg
barkeit aus. Das Verfahren ist sehr wirtschaftlich, weil kontinu
ierlich, es ist dadurch traditionellen Pelletierverfahren überle
gen. Die erfindungsgemäßen Pellets können einen hohen Wirkstoff
anteil aufweisen. Die Streuung der Wirkstofffreisetzung ist auf
grund der guten Homogenität der Massen gering und hervorragend
reproduzierbar. Die Kinetik der Wirkstofffreisetzung bleibt auch
unter extremen klimatischen Lagerbedingungen (mindestens 1 Monat
Lagerung bei 50°C bzw. bei 30°C und 75% relativer Luftfeuchtig
keit) überraschend stabil (Abweichung in der Freisetzung
max. 20% absolut, vgl. Tabelle II).
Der Vorteil des Extrusionsverfahrens gegenüber anderen Techniken
wie Granulieren und Tablettieren besteht in der einfachen Techno
logie, der Vermeidung von Lösungsmitteln, minimierter Anzahl und
Menge an Hilfsstoffen, der Möglichkeit der Herstellung von festen
Lösungen, der Vermeidung von Möglichkeiten zur Entmischung der
Komponenten, mit anderen Worten in einer zuverlässig gleichmäßi
gen Zusammensetzung der einzelnen Retardformen während der ge
samten Produktion. Hinzu kommen die Vorteile eines kontinuier
lichen Verfahrensablaufes mit hohem Durchsatz bei geringen Mate
rialverlusten.
Die in der Tabelle angegebenen Gewichtsteile an Wirkstoff, Poly
meren und liphophiler Komponente und anderen Hilfsstoffen wurden
entweder vorgemischt oder über separate Dosierwaagen direkt in
den Einzug eines Doppelschnecken-Extruders (Werner & Pfleiderer,
ZSK 30) eingetragen. Die Schmelzextrusion erfolgte mit einem
Produktdurchsatz von ca. 3 bis 4 kg/h. Die Temperaturen der ein
zelnen Temperaturzonen ("Schüsse") des Extruders waren
30/150/100/100/100°C, die Temperatur der beheizten Düsenleiste
ist in der Tabelle separat angegeben. Die Düsenleiste wies 7 Boh
rungen á 1 mm Durchmesser auf. Die über die beheizte Extruderdü
senleiste austretenden Schmelzstränge wurden durch luftgekühlten
Heißabschlag mit einem Messerwalzengranulator pelletiert.
Die Wirkstoff-Freisetzung wurde mittels der Rührflügelmethode
(Paddle Methode nach USP XXI) gemessen. Diese in-vitro-Prüfme
thode dient zur Bestimmung der Lösungsrate von wirkstoffhaltigen
Formlingen, z. B. Tabletten.
Hierzu wurden 900 ml eines Phosphatpuffers mit einem pH-Wert von
6,8 in einem 1 l-Gefäß mit Rundboden auf 37°C temperiert. Eine ge
eignete Menge an Pellets (ca. 300 mg) der Korngröße 1,25 bis
1,60 mm wurde eingewogen. Die Wirkstoff-Freisetzung der Pellets
in Prozent wurden in diesem No-Change-Test nach USP XXI bei einer
Paddle-Drehzahl von 100 Upm nach jeweils 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und
8 Stunden UV-spektroskopisch bestimmt.
Claims (8)
1. Retard-Matrixpellets mit kugel- bis linsenförmiger Gestalt
und einheitlichen größten Durchmessern im Bereich von 0,5 bis
4 mm, bestehend aus
- a) 0,1 bis 87 Gew.-% mindestens einer biologisch wirksamen Verbindung,
- b) 5 bis 50 Gew.-% mindestens eines wasserunlöslichen Poly meren,
- c) 5 bis 45 Gew.-% mindestens einer lipophilen Komponente als Weichmacher für das Polymer b),
- d) 3 bis 40 Gew.-% eines natürlichen oder halbsynthetischen Gelbildners,
- e) 0 bis 50 Gew.-% eines oder mehrerer üblicher Formulie rungshilfsmittel.
2. Retard-Matrixpellets nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch
folgende Konzentrationen der Komponenten:
- a) 1 bis 75 Gew.-%,
- b) 10 bis 40 Gew.-%,
- c) 10 bis 35 Gew.-%,
- d) 5 bis 25 Gew.-%,
- e) 0 bis 40 Gew.-%.
3. Retard-Matrixpellets nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekenn
zeichnet, daß der größte Durchmesser 0,8 bis 2 mm beträgt.
4. Retard-Matrixpellets nach einem der Ansprüche 1 bis 3, da
durch gekennzeichnet, daß der Wirkstoff (a) pharmazeutischer
Natur ist.
5. Kontinuierliches, einstufiges Verfahren zur Herstellung von
Retard-Matrixpellets nach einem der Ansprüche 1 bis 4 durch
Extrusion der geschmolzenen Mischung der Komponenten bei 50
bis 200° und kontinuierliche Formgebung.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß bei 50
bis 180°C extrudiert wird.
7. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß bei 60
bis 150°C extrudiert wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 5 bis 7, dadurch gekenn
zeichnet, daß die Formgebung durch Heißabschlag erfolgt.
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